Der Strick - Familienverstrickungen
Familienstellen in der Innenwelt:
Der Klient leidt seit seiner Kindheit unter massiven Bauchschmerzen und ist
seit Wochen selbstmordgefährdet. Der Hintergrund - eine massive Familienverstrickung
- wird in dieser Sitzung aufgedeckt und tiefgreifend bearbeitet.
Der Klient steht auf einer Marmortreppe. Er ist sehr unruhig dabei.
Kl: Ich möchte nicht nach unten gehen. Ich möchte
wieder zurückgehen. Aber hinter mir sind lauter Türen. Da möchte
ich durch eine Tür hindurch gehen und schauen, daß ich ins Freie
komme. - Ich will aus dieser Enge weg, aber die Türen sind alle verschlossen.
Th: Guck mal, ob du das aus deinem Leben kennst, das Eingesperrtsein.
Kl: Ja. Es macht mich unruhig. - Ich habe mich jetzt auf die
Treppe gesetzt und ich habe das Gefühl, ich kann nicht aufmachen .... also,
ich sitze jetzt auf der Treppe und habe den Kopf so auf den Armen aufgestützt
und bin jetzt ziemlich apathisch. Die Situation ist hoffnungslos.
Th: Ja, runter ins Unterbewußte will ich nicht, raus komme
ich nicht, hoffnungslos, Spür mal.
Kl: Fühlt sich an wie eine Zwangsjacke, keine Bewegungsfreiheit
...... ich gehe jetzt die erste Stufe wieder rauf, da ist ein ganz kleiner Raum,
die Wände sind gelb gestrichen, vielleicht 2 - oder 3 qm groß, links
eine Tür, rechts eine und geradeaus auch ne Tür ... und ich lege mich
jetzt einfach vor eine Tür dort hin Resignation.
Th: Sag es dem Raum, der Treppe, den Türen.
Kl: Also, ich komme hier jetzt nicht raus, saublöder Raum,
ich kann die Türen jetzt nicht aufmachen, die sind verschlossen und die
Treppe will ich nicht runtergehen und jetzt könnt ihr mich alle mal, ich
warte bis sich irgendwas tut. Außerdem bin ich müde und ich lege
mich jetzt hin.
Th: Du bist auch ein bißchen wütend auf den Raum,
stimmt das? Dann sag ihm daß du wütend auf ihn bist.
Kl: Ich bin sauer auf dich, du blöder Raum. - Und jetzt werde ich wütend
und versuche die Türen einzutreten.- Scheißtür ... - Der
Klient resgniert wieder.
Daraufhin öffnet sich plötzlich eine der Türen. - Ich
bin aufgeregt.....die Tür ist offen, ich könnte jetzt eigentlich rausgehen.
Aber eigentlich möchte ich nur liegen bleiben momentan, ich weiß
jetzt nicht, ob ich raus will, es ist jetzt plötzlich ganz anders.
Th: Kennst Du dieses Gefühl?
Kl: Ich fühl, daß ich das sehr gut kenne, das macht
mich wahnsinnig, weil ich immer mich nie entscheiden kann.
Th: Woher kennst du dieses Gefühl?
Kl: Ich habe jetzt an meine Mutter und an meinen Vater gedacht
und möchte zu einem von beiden hingehen und .... es ist schwierig ... -
Er soll es den beiden direkt sagen. - Also, ich möchte jetzt zu einem von
euch beiden und was sagen oder fragen, aber zu dir Mutter traue ich mich nicht
und zum Vater .... du liebst mich nicht. Ihr seid beide mir gegenüber so
schlimm, daß ich euch gegenüber überhaupt nichts empfinde. Und
auf dich Vater spür ich eine ziemliche Wut und Aggression. - Du sagst überhaupt
nichts zu mir. Ich habe dir gerade was gesagt.
Th: Wir reagiert er?
Kl: Er macht so eine abweisende Handbewegung. Also, das macht
mich jetzt stinksauer, daß du mir mit so einer komischen Handbewegung
sagst, daß du nicht mit mir reden willst. .... Er sagt, er will Zeitung
lesen.
Th: Und welchen Impuls hast du, wenn du das siehst?
Kl: Ich habe den Impuls ..... eigentlich möchte ich schreien
......... (lauter) kannst du mir einmal zuhören, wenn ich dich brauch .......
einmal .... immer mußt du Zeitung lesen ... verdammt nochmal, leg doch
die Zeitung mal weg und red mit mir ....... hörst du mich nicht?? - Ich
reiße ihm die Zeitung aus der Hand. .......... Jetzt hat er mir eine ins
Gesicht geschlagen und sagt, du Depp, warum reißt du mir die Zeitung kaputt?...
Ich bin erstaunt, weil er mich nie geschlagen hat - Du hast mich doch sonst
nie geschlagen. - Er sagt, ja, aber jetzt reicht es. Jetzt geh in dein Zimmer.
Th: Willst du das? - Der Klient verneint. - Dann bleib
da. Was willst du tun?
Kl: Ich möchte mit ihm reden. - Ich habe dir die Zeitung
aus der Hand gerissen, weil ich jetzt mit dir reden möchte! - Er fragt
mich - worüber willst du denn mit mir reden? - Also, mir geht es schlecht.
- Der Klient beginnt zu weinen.
Th: Zeig ihm die Tränen, du hast sie lange genug versteckt
Kl: Ich habe mir einen Strick zusammen gemacht im Kinderzimmer
und ......
Th: Nimm ihn mit in dein Kinderzimmer und zeige ihm den Strick.
Kl: Er sagt - spinnst du? ... Ich hab mir den Strick da oben
hin gemacht und wollte mich aufhängen, ich wollt nicht mehr leben ........
weil mich die Mutter nur noch schlägt und prügelt. ... Jetzt schlägt
er die Hände über dem Kopf zusammen und sagt, mein Gott, und geht
zu meiner Mutter und sagt, schau mal, was der machen wollte. Sie sitzt in der
Küche am Tisch und sagt, was wollte er denn machen? - Aufhängen wollte
er sich. - Und sie sagt ganz kalt, er spinnt. ................... Also, ich
bin momentan irgendwie erschöpft.
Th: Welchen Impuls hast du?
Kl: Ich habe einen ganz blöden Impuls. Ich habe das Gefühl,
ich breche zusammen und ..... ich möchte jetzt umfallen und sterben.
Th: Sag das deinen Eltern. Sag ihnen mal, ich bin 49 und ich
möchte jetzt umfallen und sterben.
Kl: Ich bin 49 und möchte jetzt umfallen und sterben. -
Ich spür das ganz deutlich. Ich muß dazu sagen, ich habe seit November
letzten Jahres immer mehr den Impuls, daß ich mir das Leben nehmen möchte
und jetzt ist das Gefühl da, ich möchte jetzt sterben. Wenn das so
einfach ginge, wenn ich den Wunsch aussprechen oder auf einen Knopf drücken
könnte, würde ich das am liebsten machen, jetzt und hier.
Th: Sag es deinen Eltern.
Kl: Ich möchte jetzt so wie ich hier bin, 49 Jahre alt
einfach nur sterben. Ich kann nicht mehr, ich habe gekämpft wie ein Verrückter.
- Ich habe das Gefühl, daß die ganze Lebensenergie aus meinem Körper
raus geht, jetzt hier. Ich habe die letzte Zeit immer das Gefühl gehabt,
ich mach Schluß mit meinem Leben, weil ich bestimmte Gründe dafür
gehabt habe. Aber jetzt geht die Energie raus aus meinem Körper. Und wenn
ich sehe, wie meine Mutter darauf reagiert, ganz gefühllos und kalt.....
Th: Spür das mal, das sind nicht irgendwelche Gründe
im Außen, das ist die Lieblosigkeit deiner Mutter und das zieht dich doch
schon dein ganzes Leben runter. Sag ihr, daß du so nicht leben kannst,
ohne ihre Liebe.
Kl: Das, was der Papa gerade gesagt hat, stimmt. Ich wollte
mir das Leben nehmen. Ich hab das nicht mehr ausgehalten, daß du mich
immer schlägst und prügelst und jetzt, wo ich 49 Jahre alt bin, habe
ich keine Kraft mehr zu leben. ... Jetzt steht sie auf und geht aus dem Zimmer
raus. Sie geht in die Toilette und sperrt sich ein. - Du gehst jedesmal, wenn
du mit mir ein Problem hast, sperrst Du Dich auf der Toilette ein. ... Jetzt
heult sie mal wieder und schreit, hör auf, ich will nichts davon wissen.
... Du willst nicht wissen, daß es mir schlecht geht, aber Du hast mich
verprügelt. Du hast dafür gesorgt, daß ich mir den Strick gebastelt
habe. Und Du hast dafür gesorgt, daß ich diese Schmerzen habe und
daß ich heute nicht mehr die Kraft habe, noch weiter zu leben. Dafür
bist du verantwortlich, nur du. ...Ich trete jetzt die Tür ein und jetzt
kommt mein Vater und hält mich zurück ....... ich stoße ihn
zurück ......... jetzt kommt mein Bruder, der hält mich fest. - Manfred,
laß mich los, ich muß mit der Mutter reden, ich muß sie sehen,
sie muß mir Antwort geben. - An dieser Stelle beginnt ein Gerangel zwischen
dem Klienten und dessen Bruder sowie Vater. Beide wollen eine Konfrontation
mit der Mutter verhindern. - Sie sagen alle beide, daß sie Angst haben,
daß ich ihr was tue, daß ich sie angreife. Ich sage, iIch will nur
mit ihr reden. Es geht darum, daß ich ein Problem habe. Ich bin jetzt
49 Jahre alt und will hier etwas klären, ich will, daß es mir wieder
besser geht. Ihr beide habt das Problem nicht. Laßt mich mit ihr reden.
Haut ab und geht sonstwo hin ..... Sie setzen sich ins Wohnzimmer und lassen
die Türen offen. Sollen sie ruhig hören, was los ist ...........Ich
sage zur Mutter, muß ich jetzt die Tür eintreten oder kommst Du raus?
... Jetzt kommt mein Vater wieder ....
Th: Ganz schön schwer, bis du mal an deine Mutter ran kommst
..... was geht in dir vor?
Kl: In mir geht vor: ich möchte jetzt am liebsten aufgeben
und jetzt kommt aber der Impuls, ich zieh das jetzt durch! Ich muß jetzt
mit ihr reden ..... Ich gehe zur Badezimmertür und sage zu ihr, ich will
ganz normal mit dir reden, ich brauch Dich jetzt. Nur Du kannst mir helfen.
Wenn ich jetzt keine Möglichkeit habe, mit Dir zu reden, dann werde ich
mir in den nächsten Tagen das Leben nehmen ... Sie macht auf und kommt
raus, umarmt mich und sagt, mein Gott, deswegen?.............Ich habe sie jetzt
auch in den Armen, wir haben uns beide umarmt ......... Ich möchte jetzt
endlich wissen, warum sie mich als Kind immer geschlagen hat.
Th: Dann frag sie.
Kl: Sie sagt, weil ich den Manfred lieber mag als Dich ........
Für mich ist das ein wahnsinniger Schmerz. Das hat sich damals als Kind
da reingebohrt. - Er zeigt auf seinen Bauch. - Und das war so stark, daß
ich jetzt am Ende bin .... Der Schmerz hat mein ganzes Leben verpfuscht.
Th: Sag das deiner Mutter direkt.
Kl: Du sagst, daß du den Manfred lieber gehabt hast als
mich. Ich will dir einmal sagen, was das bei mir verursacht hat. Es ist wie
ein Pfeil, der hier in meinem Magen eingeschlagen hat, der da drin sitzt, ganz
fest. Und als Kind hat dieser Pfeil wahnsinnige Schmerzen ausgelöst, ich
war beim Arzt mit der Oma.
Th: Hol die Oma auch mal mit dazu.
Kl: Sie ist weg. Ich hab den Tod von meiner Großmutter
verdrängt. - Oma, du bist so weit weg. - Seit du gestorben bist, habe ich
zwei oder drei Mal mit Dir gesprochen, hab gesagt, wenn ich an Dich denke, dann
geht es mir dreckig und dann heule ich stundenlang und deshalb will ich bewußt
nicht an Dich denken. Du weißt, daß es mir schlecht geht, wenn ich
an Dich denke, so schlecht, daß ich mir, als Du gestorben bist, eigentlich
auch das Leben nehmen wollte. Du warst der einzige Mensch, der für mich
da war. Du hast für mich das schönste Gesicht auf der ganzen Welt.
Ich liebe Dich. Du bist für mich der wertvollste Mensch auf der ganzen
Welt. - Ich bin jetzt so schwach, aber ich laß Dich nicht mehr los. Ich
will dich nicht mehr loslassen. Aber ich merke, wie ich immer schwächer
werde .....
Th: Vielleicht kann sie dir helfen mit deiner Mutter.
Kl: Kannst Du mitgehen
zur Mutter? Ich muß mit ihr was besprechen und ich brauche Dich dabei?
- Ja, sie geht mit. Meine Mutter wirft ihr Blicke zu, die töten können.
Ich sage zu meiner Mutter, bist du eifersüchtig auf mich, weil die Oma
mich mag. - Sie schaut mit dem Kopf nach unten. Jetzt versucht sie aus der Situation
zu fliehen. Aber ich stehe vor der Tür, wir müssen erst noch zu Ende
reden .... Ich habe das Gefühl, ich bin ein einziger Muskelpanzer.
Th: Spür den mal ganz deutlich und sag das Deiner Mutter,
was das mit deinem Körper gemacht hat.
Kl: Mein Körper jetzt ist gespannt, verkrampft, eng, meine
Wirbelsäule ist total verschoben, verkrümmt, mein Bauch tut weh ...
mein Körper ist in Wirklichkeit ein einziger harter Muskel. Das ist davon
gekommen, daß ich immer Angst vor dir gehabt habe. Ich glaube ich hätte
ein normales Leben leben können. Ich hätte verdammt nochmal richtig
leben können wie mein Bruder und meine Schwester. Die haben eine Familie,
die haben alle Kinder und ich bin der einzige aus der Familie, der allein da
steht. Und das habe ich Dir zu verdanken. Hättest Du mich einmal in die
Arme genommen. Warum hast Du mich nie als Kind behandelt, sondern als Prügelknabe,
auf mich eingeschlagen und eingedroschen und es hat mich so hart gemacht? -
Meine Mutter schaut mich nur an und jetzt fängt sie an zu weinen .....
Sie sagt zu mir, Du hast doch immer Deine Großmutter gehabt. - Ich frage
meine Mutter, heißt das, du hast mich geschlagen, weil die Oma sich um
mich gekümmert hat. - Ja, sagt sie. - D.h., Du hast die Oma, Deine Mutter
nicht gemocht und weil sie sich um mich gekümmert hat, deshalb hast Du
mich geschlagen. ... Meine Mutter sagt jetzt zu meiner Oma, Du hast schon immer
gesagt, sie lebt noch und er hat im Krieg bleiben müssen. (Gemeint ist
Karl, ihr Bruder)
Th: Hol den mal herbei, der im Krieg bleiben mußte.
Kl: Der ist schon da. Ich seh den ganz deutlich vor mir, wie
ich in einem uralten Fotoalbum so Kriegsbilder, wie er an der Front war, gesehen
habe. Ich sehe das Bild ganz deutlich vor mir, obwohl das 30 Jahre her ist.
Und er sitzt jetzt in seiner Uniform neben seiner Mutter, also meiner Großmutter.
Th: Sprich ihn mal an, das ist ja dein Onkel.
Kl: - Der Klient zeigt auf seine Großmut-ter und meint
an den Onkel Karl gewandt: Das ist meine Mutter. ... Jetzt steht meine Mutter
auf und sagt, so, das ist Deine Mutter? - Ja, sie war für mich immer meine
Mutter, so sag ich das, Du bist meine leibliche Mutter, aber sie war für
mich immer da, sie war für mich ein Mutterersatz. ... Jetzt steht meine
Oma auf und meint, was war ich, ein Mutterersatz? - Ich sage, ja natürlich,
Mutterersatz in dem Sinn, daß .... Du warst für mich ...... ich bin
jetzt verunsichert, ich hab das Gefühl daß ..... was denkst du denn
jetzt? - Sie sagt jetzt zu mir, Du hast mich gar nicht gemocht. - Bist Du wahnsinnig,
Oma? Mutterersatz heißt für mich, daß Du ...... das ist ein
blödes Wort `Mutterersatz` .... Ich habe Dir das vorhin gesagt, Ich liebe
Dich, Du bist für mich kein Mutterersatz, Du bist wie eine Mutter. Du warst
für mich kein Ersatz. Sie war ja da, Deine Tochter, aber sie hat mich nie
als ihr Kind behandelt, aber Du hast mich als Kind behandelt und deshalb liebe
ich Dich so. Jetzt sagt sie "Komm her" und drückt mich.
Th: Kannst du es genießen? - Der Klient bejaht. - Wie ist das für
den Karl und deine Mutter ?
Kl: Der Karl sagt überhaupt nichts und komischerweise sitzt
seine Mutter, also meine Oma neben ihm und schaut ihn gar nicht an. - He Oma,
da sitzt Dein Sohn neben Dir. ... Jetzt sagt sie, ach ja, der Karl. - Jetzt
sagen beide, wir waren so lange auseinander.
Th: Schau mal, ob Du den Karl ersetzt hast? Ersatz ist wieder so ein blödes
Wort, aber schau mal, ob du nicht so was wie der Sohn warst, den sie verloren
hatte?
Kl: Also, ich spür das. - Oma, ich möchte Dir jetzt
was sagen, aber das fällt mir schwer, es liegt mir wie ein Stein im Magen,
aber ich möchte es sagen. Hast Du in mir den Karl gesehen? - Ja, hab ich,
sagt sie. ... Jetzt dreh ich mich zu meiner Mutter und sag, siehst Du, was los
ist? Hast Du mitbekommen, was sie gerade gesagt hat? - Sie sagt, ja. - Ich schau
jetzt zu meiner Oma, sie weint. - Ich seh jetzt meine Oma, wie sie auf dem Sofa
in der Küche sitzt, nebendem Karl. Sie schaut nach unten, es fließt
Blut aus ihren Augen, meine Mutter sitzt am Küchentisch, ihr laufen auch
die Tränen runter. Der Karl schaut aus wie eine Schwarzweißfotografie.
Der sitzt zwar da, aber alles ist schwarzweiß wie auf den Bildern, die
Gesichtsfarbe, die Farbe der Uniform. - Sag mal Karl, so wie Du da sitzt, bist
du überhaupt lebendig? Und was sagst Du zu alledem? - Er geht jetzt komischer
Weise zu seiner Schwester und jetzt plötzlich schiebt sie mich beiseite,
daß er sich neben sie setzen kann und er kriegt dann Farbe. Er umarmt
sie. Sie heult jetzt noch mehr ......... Moment mal ... Sag mal, Mutter, wie
war denn das für Dich, als der Karl im Krieg gefallen ist? - Jetzt steht
sie auf und schaut zum Fenster raus. Sie sagt, sie kennt den Schmerz auch, ihre
Mutter hat den Karl mehr geliebt als sie. Sie weiß genau, wie sich das
anfühlt. - Sie sagt, laß uns aufhören, ich kann nicht mehr.
Th: Schau mal ob Du sie vielleicht dauernd an diesen Schmerz
erinnert hast, den Schmerz, daß die Mutter den Karl lieber mochte. (Vielleicht
hat sie ihren Sohn der Mutter auch als Ersatz gegeben, dafür, daß
Karl gestorben ist und sie selbst überlebt hat - Anmerkung der Therapeutin)
Kl: Habe ich dich an Deinen Bruder erinnert? Wenn Du mich geschlagen
hast, hast Du da an den Schmerz gedacht, daß deine Mutter Dich nicht gemocht
hat, sondern den Karl? - Sie setzt sich hin und schweigt. Die anderen auch
Th: Was geht jetzt in dir vor? Sag es ihnen.
Kl: Ich war dann ein Spielball von dem, was zwischen Euch abgelaufen
ist, zwischen Liebe und Hass und da habe ich als Kind darunter leiden müssen,
wie Ihr drei miteinander umgegangen seid. Keiner sagt was ..... Ich bin jetzt
ganz entspannt, ganz locker. Ich gehe jetzt zur Treppe vom Anfang hin. Die ist
ewig lang. Ich gehe jetzt nach unten, aber ich sehe unten nichts, das ist wie
eine Nebelwand. Mein Gefühl ist, daß ich jetzt da runtergehen will
und durch diesen Nebel durch gehe. - Aus der Nebelwand haben sich zwei gelbfarbene
Hände rausgebildet, so ziemlich große Pratzen, alle fünf Finger
ganz spitz und die kommen auf mich zu und legen sich um meine Hals. - Die Hände
drücken jetzt zu.
Th: Mach doch mal folgendes, geh doch mal in den Raum, wo die
anderen drei sitzen. Die sollen das mal mitkriegen. Du bist jetzt in dein Unterbewußtsein
hinabgestiegen und da sind Hände, die dir die Luft abdrücken. Zeig
es den dreien.
Kl: Schaut mal her, was ich um den Hals habe. ... Die Oma schaut
zuerst und sagt, mein Gott, mach das weg. ... Ich schau zu meiner Mutter. Die
reagiert gar nicht. - Du reagierst gar nicht. Siehst Du, was da los ist? Ich
habe da zwei Hände um den Hals, die mich erwürgen wollen. - Jetzt
steht sie auf, schubst meine Großmutter weg und versucht, diese Hände
loszureißen und zwar ziemlich vehement. Sie reißt dran .... Sie
sagt, siehst Du, daß mir was an Dir liegt? - Ich sage zu ihr, aber als
Kind hast Du mir das nie gezeigt. - Kannst Du mir das jetzt überhaupt noch
zeigen?
Th: Geh mit ihr zu dem kleinen Günter, der sich den Strick
bastelt. Der braucht das von ihr. Dem kann sie es jetzt zeigen.
Kl: Geh mal mit ins Kinderzimmer. Ich will dir was zeigen. -
Jetzt kommt die Oma und sagt, halt, Günter, halt. Geh nicht mit ihr.Sie
jammert und sagt, sie mag Dich nicht, sie hat Dich nie gemocht. Ich war die
einzige, die für dich da war und dich gemocht hat. - Oma, ich will jetzt
aber allein mit ihr in das Zimmer gehen. Es geht jetzt um mich und ich muß
jetzt schauen, daß ich mir helfen kann. ... Ich geh mit meiner Mutter
ins Kinderzimmer. Jetzt ist folgende Situation: Ich steh da mit dem Strick,
den ich vorhin meinem Vater gezeigt habe und ich sage zu meiner Mutter, das
ist der Strick, den sich der kleine Günter vor ungefähr 42 Jahren
zurecht gemacht hat um sich das Leben zu nehmen.... Jetzt will sie mich umarmen.
Ich sage, nein, nicht mich, sondern den kleinen Günter. - Sie sagt, ich
kann nicht. - Warum kannst Du denn mich als Kind nicht umarmen? - Sie sagt,
ich muß immer an den Karl denken.
Th: Dann hol den Karl nochmal mit dazu, damit sie sieht, das
ist der Karl und das bist du.
Kl: Der Karl ist jetzt auch im Kinderzimmer. Kuck mal, Mutter,
der kleine Junge da bin ich und versuch doch mal, mich als Kind zu behandeln,
annehmen, küssen und streicheln. - Der kleine Günter kann das annehmen,
der große nicht. Der große Günter wollte sogar aus dem Zimmer
rausgehen.
Th: Dann laß doch einfach mal den kleinen Günter
mit der Mutter, der braucht das und du kannst ja erst mal rausgehen. Das ist
der erste Schritt. Hauptsache, der kleine Günter kann es annehmen. Was
willst du tun? Willst du rausgehen?
Kl: Ja. ....... entweder bin ich zu verkrampft oder zu erschöpft
oder ich habe jetzt so eine Widerstand, da weiter zu machen.
Th: Das ist in Ordnung. Ich finde es einen tollen ersten Schritt,
daß der kleine Günter das annehmen kann. Sag doch den beiden, daß
es jetzt erstmal gut ist. Du kannst dich ja verabreden, daß, wenn du das
willst, du wieder kommst. Spür mal, ob du wieder kommen willst oder nicht.
Und hol doch mal alle, die beteiligt waren, in den Raum. All diese Verstrickungen
- du hast ja schon ganz schön Klarheit geschaffen, obwohl alle das verhindern
wollten.
Kl: So ziemlich jeder wollte das verhindern. - Ich komm wieder,
ich werde auf jeden Fall wieder kommen und möchte noch weiter reden.
Th: Sind die anderen auch dazu bereit - genau hinzukucken?
Kl: Die sind alle einverstanden. ............ Meer, treiben lassen ...... Ende